Die Welt ist zu interessant - Michael Seiler

Michael, zuerst einmal muss ich den Hut vor dir ziehen; du hast in knapp 14 Monaten drei Bücher veröffentlicht. Respekt! Wie hast du das geschafft?

 

Du kannst den Hut wieder aufsetzen :) Das Geheimnis besteht zum Einen daraus, dass ich einfach viel Vorlauf hatte. Ich schreibe schon ziemlich lange und da war es eher eine Frage der Zeit, bis ich von den ganzen Ideen auch mal was veröffentliche. Außerdem war ich im letzten Semester zwar offiziell Student, habe mich aber eher mit diversen Nebenjobs und der Schreiberei bzw. dem Setzen meiner Bücher befasst. So kam das. 

Die Inhalte deiner Bücher sind höchst unterschiedlich; ein Rätselbuch, die Memoiren eines fiktiven Studenten und ein historischer Roman. Wie kam es zu dieser vielseitigen Mischung?

 

Sobald mich irgendwas interessiert oder beschäftigt fange ich an, darüber zu schreiben. Und die Welt ist viel zu interessant um irgendwas davon auszulassen! Das Quizbuch ist das langfristigste Projekt, da habe ich vor mehr als zehn Jahren aus Begeisterung für eine gewisse Quizshow angefangen, mir selbst Fragen mit vier möglichen Antworten auszudenken. „Abenteuer eines Studierenden“ wurde teilweise von Erinnerungen an mein eigenes Studium, Geschichten diverser anderer Leute und den üblichen aber lustigen Klischees inspiriert. Ein bisschen Selbstkritik ist auch dabei. Und Romane lese ich schon lange sehr gerne, daher kam die Idee, mich auch in diesem Genre auszuprobieren.

 

In deinem neuen Roman „Die Lügendepeschen“ nimmst du die Leser mit ins barocke Dresden. Wie hast du dich über historische Gegebenheiten informiert, wie aufwändig war das und wieviel kreative Freiheit hast du dir letztlich beim Schreiben erlaubt?

 

Was ist im Zeitalter des Internets schon aufwändig? Spaß beiseite, die Entstehungsgeschichte ist abwechslungsreicher als die meisten Wikipedia-Artikel. In meiner Grundschulzeit hat meine Klasse sich eines Sommers kollektiv in Schale geschmissen und barocke Tänze im Schlossgarten von Dresden-Pillnitz aufgeführt. Den Touristen sind fast die Augen aus dem Kopf gefallen. Das war der erste Berührungspunkt mit diesem Zeitalter. Später hab ich mit meiner Familie im westmittelfränkischen Ansbach gelebt und da gibt es die Rokoko-Festspiele, für die mich zwei Mädels aus meiner Klasse erfolgreich angeworben haben. Also wieder rein in Perücke, Lackschuhe und Strumpfhosen, Verbeugungen einstudiert und alles. Damit war ich wieder mal im achtzehnten Jahrhundert gelandet. Noch etwas später habe ich einige Bücher von J.I. Kraszewski geerbt, der viel über diese Zeit geschrieben hat und so kam eines zum anderen. Natürlich habe ich auch mal was im Internet nachgeschlagen, so isses nicht ;o) Künstlerische Freiheiten habe ich mir vor allem im Umgang mit den nicht fiktiven Figuren, wie zum Beispiel August dem Starken von Sachsen und Polen, Graf Heinrich von Brühl und Carl-Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach, erlaubt. Diesen Herren habe ich einiges in den Mund gelegt, das sie vielleicht nie gesagt haben, aber es dürfte zu ihrem überlieferten Verhalten passen. Ansonsten sind die Orte der Handlung so authentisch wie möglich wiedergegeben.

 

Was dürfen deine Leser in Zukunft von dir erwarten?

 

Einen zweiten Band von „Das Kwiss“, einen Fantasyroman über einen bärtigen Elben, der meistens schlecht gelaunt und ein großer Fan von selbstgemachtem Likör ist, einen modernen Krimi über die NSA-Affäre und eine kleine Überraschung in der Weihnachtszeit. Und natürlich diese ganzen angefangenen Ideen, die meine Ordner und Schreibtischschubladen bewohnen ...

 

Du bist ja nicht nur schriftstellerisch tätig, sondern hast auch noch deine eigene Produktionsfirma für Musikvideos. Magst du darüber ein bisschen mehr erzählen?

 

Mag ich gerne! Walnut Films wurde anno 2006 eigentlich gegründet, weil ich Spielfilmregisseur werden wollte und das insgeheim immer noch weiter verfolge. Einen Film haben wir sogar fertig gestellt, nämlich „Das Flüstern der Wälder“. Der ist so unfassbar „gut“, dass ich mich gar nicht traue ihn irgendjemandem zu zeigen … Irgendwann danach habe ich als nächstes Projekt eine Doku über meine damaligen Lieblingsbands gedreht und hatte das Glück, dabei Musiker kennenzulernen, die natürlich immer Videos gebrauchen können. Seitdem haben wir ungefähr zwanzig Musikvideos gedreht, einen Onlinekanal (WalnutTV) mit Festivalberichten und Tourtagebüchern gestartet und vieles mehr. Momentan läuft's damit aber etwas ruhiger, weil ich mich aktuell mehr aufs Schreiben, Studieren und die Finanzierung eines Drehbuchs konzentriere, das schon eine Weile hier herumliegt.

 

Ein vielfach begabter junger Mann also ;) – Konkurrieren deine verschiedenen Projekte schon mal miteinander? Wie schaffst du es Videodreh, Schnitt und Buchpublikationen unter einen Hut zu bringen?

 

Wie gesagt, die Filmerei ruht gerade etwas und so finde ich mehr Zeit zum Schreiben und Setzen meiner Bücher. Bis einschließlich letztes Jahr war ich fast jedes zweite Wochenende auf Dreharbeiten und das schlaucht ganz schön; vor allem dann, wenn man nicht immer ein Team dabei hat und das meiste selber machen muss und noch einen halben Tag vorher auf der Autobahn verbringt. Damit ist das Video ja auch noch nicht geschnitten.

Außerdem schreibe ich an den meisten Büchern über Jahre hinweg, „Die Lügendepeschen“ habe ich vor etwa fünf Jahren angefangen und immer so ein kleines bisschen weitergeschrieben, bis sie dieses Jahr endlich fertig gestellt und veröffentlicht wurden.

 

Wo drehst du am liebsten? Was ist dein Lieblingsort zum Schreiben?

 

Ich drehe am liebsten da, wo es gute Motive gibt und die Leute einem nicht vor die Kamera hopsen und dabei fragen, ob sie jetzt im Fernsehen sind.

Ich schreibe am liebsten an meinem Schreibtisch, am Esstisch schräg dahinter oder bei schönem Wetter auch auf dem Balkon.

 

Wo kommen dir die besten Ideen?

 

An den oben genannten Schreiborten, auf Reisen und meistens immer dann, wenn ich mich mal so richtig von der Welt abkapseln kann und es still ist oder richtig gute Musik in der passenden Lautstärke, idealerweise von einer Schallplatte, läuft. An Wochenenden kann auch eine Pfeife sehr inspirierend sein.

 

Welche Frage wolltest du in einem Interview schon immer einmal gestellt bekommen? Sei doch so gut, stell sie dir und uns allen und beantworte sie J

 

Tja, da frag' ich mich …  „Wofür interessierst du dich eigentlich nicht?“

Ja, auch wenn das Gegenteil der Fall zu sein scheint, es gibt Sachen, die ich wirklich langweilig oder einfach uninteressant finde. Dazu gehören unter anderem Fußball, Autos, schlechte Filme (und Bücher), Salzkartoffeln, Rosenkohl, Schlager, Oberflächlichkeit, Kitsch, Superheldencomics (außer Asterix), moderne Schusswaffen, sowie die Frage, welcher deutsche Dialekt am besten klingt. Für mich ist die Frage nämlich eindeutig beantwortet J

 

Zum Schluss noch ein paar Fragen/Sätze, die du bitte so spontan wie möglich beantwortest bzw. vervollständigst!

 

     1.       Dieses Buch hätte ich gern geschrieben. „Das weiße Band“ von Anthony Horowitz

     2.      Bei diesem Film würde ich gern Regie führen.  Eragon – die Quattrologie

     3.      Ein Buch ist … geduldig und zeitlos.

     4.      Auf meinem Schreibtisch … liegt 'ne Menge Zeug. Unter anderem eine Walnuss.

     5.      Uni und Studium sind … ein Kapitel für sich.

     6.     Ich würde sofort Bücher über Glitzervampire lesen, wenn darin Bärte und Schwerter vorkämen.

     7.      Wenn meine Frau … nach Hause kommt, dann koche ich Kaffee.

     8.      Eines Tages werde ich … eine Dampflok fahren und Peter Jackson treffen. Nacheinander.

     9.      Ein Haus ohne ein schönes Sofa ist wie ein Haus ohne ein schönes Sofa.

     10.   Autoren sind … hoffnungslose Träumer, die ihre Sehnsucht zum Beruf machen.

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