Vor dem Privatjet steht ein Kleinbus für uns bereit. Wir können praktisch aus dem Flugzeug direkt ins Auto fallen. Andy bleibt trotzdem kurz auf der obersten Treppenstufe stehen, breitet die Arme aus und ruft: „Bella Italia!“
Ich sehe über seine Schulter das Rollfeld entlang. Lange graue Gebäude, ein Tower, Asphalt und grüngelbe Grasstreifen dazwischen. Flughafen halt, auch die sehen irgendwie alle gleich aus. Aber vermutlich hat Andy recht, er freut sich schon seit zwei Wochen auf Italien.
Ben schlägt rhythmisch Akkorde, während Freddys Finger in atemberaubenden Tempo über den Hals seiner E-Gitarre fliegen. Ich werfe Martin neben mir einen raschen Blick zu. Unser Produzent zieht imponiert die Augenbrauen nach oben und die Mundwinkel nach unten und nickt.
„Ziemlich geil“, sagt er, als die beiden schließlich enden.
Ben und Freddy grinsen sich an und machen ein High-Five, Freddy deutet eine kleine Verbeugung an.
„Für das Album würde ich das Solo allerdings kürzen“, sage ich.
Es klopft von links. Falsche Richtung. Irritiert öffne ich die Augen und sehe mich um. Sitzecke, Fernseher, Schreibtisch, halboffene Tür zu einem Bad. Irgendein Hotelzimmer, kennt man eins, kennt man alle. Aber in welcher Stadt befinde ich mich?
Es klopft erneut.
„Ja?“, rufe ich, rapple mich auf und sehe mich nach meinem Handy um, in der naiven Hoffnung, dass das mir einen heißen Tipp geben kann, wo ich gerade bin. Leider kann ich das Gerät nicht finden. Verdammt.
Mit geschlossenen Augen lege ich den Kopf in den Nacken und atme tief durch, ehe ich den Schlüssel aus der Tasche hole und die Tür zu meinem Airbnb aufschließe. Es ist noch dämmrig, aber schon heller als vor einer halben Stunde, als ich losgelaufen bin. Dank der kühlen Luft bin ich jetzt auch wach.
Die anderen halten mich für bescheuert, dass ich mir diese frühmorgendlichen Laufrunden immer noch antue, und mein innerer Schweinehund hätte ihnen heute sogar recht gegeben.
„Hiergeblieben!“
Scott packt mich an der Schulter und zieht mich zurück in den Saal, wo sich die Leute beinahe stapeln. Gerade so einen Seufzer unterdrückend, werfe ich einen letzten sehnsüchtigen Blick Richtung Bar.
„Mann, ich hab‘ Durst.“
Grinsend drückt Scott mir eine kalte Halbliterflasche Wasser in die Hand. Wenn ich nicht zu genervt wäre, müsste ich ihm dafür eigentlich Respekt zollen. Woher hat er so plötzlich das Wasser? Und wie zur Hölle hat er es kalt gehalten?